Komplexe Situationen stellen uns immer wieder vor neue Überraschungen. Die meisten können wir ignorieren, aber für jene, die wir nicht ignorieren können, brauchen wir Ideen und kreative Lösungsansätze. Manchmal können wir diese allein entwickeln, aber oft ist es hilfreich, dies mit anderen gemeinsam zu machen. In solchen Fällen müssen wir verschiedene Ideen ausprobieren, bis wir eine geeignete Lösung gefunden haben. Es ist wichtig zu erkennen, dass "Wissen alleine" nicht alle Dynamikprobleme lösen kann.
Unter Dynamik verstehen wir den Umstand, dass jede "klassische" Unternehmensfunktion ihre Homogenität verliert. Egal, ob es sich um Verkauf, Einkauf, Marketing oder Management handelt, jede Funktion teilt sich unter dem Einfluss der Dynamik in einen formalen und einen komplexen Anteil auf. Letzterer entsteht durch unerwartete Bedingungen und ist oft schwer erkennbar sind, wenn uns die passenden Werkzeuge fehlen.
Der formale, auch als komplizierter Teil bezeichnet, einer Funktion besteht aus wiederkehrenden Tätigkeiten, die wir mit Begriffen wie "Alltagsgeschäft" oder "Routine" in Verbindung bringen können. Obwohl dieser Teil als Hauptteil unserer Arbeit betrachtet werden kann, ist nicht alles daran vorhersehbar. Gelegentlich werden wir mit Herausforderungen konfrontiert, die über die Routine hinausgehen und in den komplexen Anteil übergehen. Hier begegnen wir dem Überraschungspotenzial unserer Arbeit, das sich nicht vollständig beherrschen lässt, sondern uns stets vor neue Situationen stellt. Es ist der Umgang mit dem Unbekannten, der uns täglich vor neue Herausforderungen stellt.
In der Praxis werden die Begriffe kompliziert und komplex oft synonym verwendet oder allenfalls wird komplex als Steigerung für kompliziert verwendet. Die Unterscheidung dieser beiden Begriffe macht jedoch einen entscheidenden Unterschied.
Für einen Laien ist die Reparatur eines Autos oder dessen Konstruktion kompliziert. Das liegt aber nicht in der Natur dieser Dinge, sondern in erster Linie an mir und meinem fehlenden Wissen über sie. Kompliziert ist also keine mit der Sache verbundene Eigenschaft, sondern sagt nur etwas zu meinem Wissen im Bezug dazu aus. Kompliziertes kann ich durch den Erwerb von entsprechendem Wissen beherrschbar machen und somit die Kompliziertheit reduzieren.
"So kompliziert etwas aber auch sein mag, es ist nicht lebendig und hält für den genügend Wissenden keinerlei Überraschung bereit." (Gerhard Wohland).
Entsprechend überraschend und komplex wird es überall dort, wo Menschen aufeinandertreffen. Auf der Straße etwa, wo kleine Störungen große Staus zur Folge haben oder eben in Organisationen.
Komplexität ist also eine Eigenschaft eines Systems und sorgt für Überraschungen und Lebendigkeit trotz Kenntnis und Verständnis der Komponenten und ihrer Interaktionen.
Aus den oben genannten Punkten ergeben sich für Führung ganz bedeutsame Erkenntnisse: Komplexe Systeme lassen sich zwar beobachten, aber nicht zielgerichtet steuern und kontrollieren. Jede Geste, jede Handlung und jedes gesprochene Wort kann und wird unser komplexes System beeinflussen, die daraus resultierenden Reaktionen sind jedoch nicht vorhersehbar. Auch Nicht-Handeln kann Einfluss auf ein System haben. Das liegt daran, dass komplexe Systeme sich nicht allein aus den Impulsen von außen erklären lassen.
Der Umgang mit Dynamik und Unvorhersehbarem ist nicht zuletzt eine Frage von Führung und dem Aufspüren geeigneter Lösungen und Innovationen.
Und das ist auch gut so, denn auch Organisationen agieren immer mehr in immer komplexeren Umfeldern und werden immer mehr überrascht. Oder sie überraschen selbst ihre Konkurrenten. Je nachdem wie gut sie es verstehen, eine Umgebung zu schaffen, in der diese komplexen Anteile, das menschliche Potential oder einfach das Lebendige schneller bessere und kreativiere Ideen hervorbringen als die Konkurrenz das kann.
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